Villa Sceriman - Venezianisches Weinerbe im Herzen des Veneto
Im östlichen Veneto erstreckt sich Villa Sceriman über 45 Hektar zwischen sanften Hügeln, wo venezianische Adelskultur seit dem 17. Jahrhundert auf bäuerliche Präzision trifft. Das ist mehr als Geschichte. Hier verkörpert sich jene seltene Balance zwischen aristokratischer Vision und handwerklicher Disziplin, die venezianische Weingüter zu authentischen Zeugen ihrer Region macht.
Von den 45 Hektar sind 30 Hektar mit autochthonen Rebsorten (heimische Varietäten wie Corvina und Rondinella) sowie internationalen Sorten bestockt, die das vielschichtige Terroir interpretieren. In den historischen Kellergewölben arbeiten slawonische Eichenfässer neben temperaturgesteuerten Edelstahltanks. Tradition und moderne Kontrolle, Hand in Hand. Diese Verbindung ermöglicht es Villa Sceriman, das Potenzial jeder einzelnen Parzelle präzise auszuschöpfen.
Villa Sceriman produziert jährlich etwa 180.000 Flaschen, wobei limitierte Spezialitäten wie der Amarone della Valpolicella oft schon über Subskriptionen vergriffen sind, bevor sie offiziell den Markt erreichen. Die Villa mit ihren barocken Elementen und weitläufigen Kellern kann nach Voranmeldung besichtigt werden. Ein Einblick in die Arbeitsweise dieses italienischen Weinhauses, das in jedem Tropfen die Essenz venezianischer Weinkultur bewahrt.
Die historische Bedeutung der Villa Sceriman für die Region
Die Familie Sceriman brachte mehr als nur Handelserfahrung ins venezianische Hinterland. Diese armenischen Kaufleute, deren Wurzeln in den Handelsrouten des Orients lagen, verstanden es, maritimen Reichtum der Serenissima mit der bäuerlichen Weinbautradition zu verbinden. Ihr Gespür für Qualität und handwerkliche Perfektion prägte die Weinerzeugung nachhaltig.
Die Villa selbst erzählt diese Geschichte in Stein. Imposante Renaissance-Fassade, symmetrisch angelegte Wirtschaftsgebäude (barchesse, die charakteristischen venezianischen Nebenbauten). Während der napoleonischen Zeit diente das Anwesen französischen Truppen als Hauptquartier. Ein Umstand, der zur Integration von Merlot und Cabernet führte. Bereits im 18. Jahrhundert investierte die Familie in revolutionäre Bewässerungssysteme. Das Fundament für heutige Weinqualität war gelegt. So etablierte sich dieses Adelsweingut als Pionier venezianischer Weingeschichte.
Terroir und Klima: Die Grundlagen für Villa Scerimans Weinkunst
Die vulkanische Vergangenheit schreibt hier die Gegenwart. Villa Sceriman profitiert von einer privilegierten Lage an den südöstlichen Ausläufern der Euganeischen Hügel, wo jahrmillionenalte geologische Kräfte den Untergrund geformt haben. Kalkstein und Mergel bilden das Fundament, durchzogen von Basalt und Trachyt, die den Weinen jene unverwechselbare mineralische Prägung verleihen. Experten sprechen von "saliner Frische" oder "vulkanischer Spannung", charakteristische Fingerabdrücke des Veneto Terroir.
Das milde Mikroklima Venetien wird maßgeblich von der nahen Adria geprägt und ermöglicht ausgedehnte Vegetationsperioden mit langsamer phenolischer Reifung (Entwicklung der Farb- und Gerbstoffe in der Traube). Es herrscht ein weit verbreiteter Mythos, alle Veneto-Weine seien leicht und frisch. Heute weiß man dank präziser Bodenanalysen: Auf diesen vulkanischen Böden entstehen kraftvolle, strukturierte Rotweine aus Merlot und Cabernet Sauvignon mit beachtlicher Lagerfähigkeit.
Die durchschnittliche Jahrestemperatur von 14,2°C und jährliche Niederschläge zwischen 850 und 900 Millimetern schaffen ideale Bedingungen für die autochthonen Rebsorten Corvina, Rondinella und Molinara. Aus diesen traditionellen Sorten entstehen die charakteristischen Valpolicella-Weine, die das reiche Erbe dieser besonderen Weinregion widerspiegeln.
Die geologischen Besonderheiten der Sceriman-Weinberge
Eine unsichtbare Hand formt hier die Qualität mit: Die Höhenlagen Italien zwischen 80 und 220 Metern über dem Meeresspiegel schaffen bei Villa Sceriman ein geologisches Fundament aus unterschiedlichen Bodentypen, die eine präzise Rebsorten-Zuordnung ermöglichen. In den kühleren, exponierten Hanglagen dominieren skelettreiche Böden (steinige, gut drainierte Strukturen) mit hohem Kalkanteil, wo Garganega und Trebbiano di Soave jene konzentrierte Mineralität und lebendige Säurespannung entwickeln, die diese kalkhaltige Weinberge auszeichnet. Die charakteristische Bodenstruktur Veneto zeigt sich hier durch außergewöhnliche Drainage und eine Mineralstoffversorgung, die Präzision vor Üppigkeit stellt.
Die tieferen Areale mit höherem Tonanteil (wasserspeichernde Lehmstrukturen) und größerem Nährstoffreichtum sind den strukturbildenden Rotweinsorten wie Corvina und Merlot vorbehalten. Diese Böden bieten eine höhere Wasserspeicherkapazität, die selbst in heißen Sommern konstante Versorgung gewährleistet und damit Reife ohne Stress ermöglicht. Eine geologische Besonderheit stellt die sogenannte Sceriman-Linie dar, eine unterirdische Wasserader, die den Hügel durchzieht und den Wasserhaushalt Weinbau auch in Trockenperioden stabilisiert. Diese natürliche Bewässerung ist entscheidend für die konstante Qualität, selbst wenn schwierige Jahrgänge Flexibilität fordern.
Mikroklima und dessen Einfluss auf die Rebsorten von Villa Sceriman
Die Natur als Partner zu verstehen bedeutet hier, jeden Windhauch und jeden Lichtstrahl strategisch zu nutzen. Die Weinberge von Villa Sceriman sind nach Südosten ausgerichtet, wo die frühe Morgensonne die Trauben sanft erwärmt, während sanfte Hügel vor den intensiveren Nachmittagsstrahlen schützen. Diese Konstellation begünstigt eine langsame Pyknopoiese (die Anreicherung von Zucker und Aromastoffen), ohne dass die lebenswichtige Säure verloren geht. Besonders reizvoll wird es im Herbst, wenn die für das Veneto typischen Nebel (nebbie autunnali) bestimmte Rebsorten wie Garganega mit einer kontrollierten Edelfäule (Botrytis cinerea) überziehen und den süßen Recioto-Weinen jene komplexen Noten von Akazienhonig und kandierten Früchten schenken.
Das Weingut nutzt die mikroklimatischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Hanglagen mit chirurgischer Präzision. Hitzeempfindliche Weißweinreben gedeihen an den kühleren Nordhängen, während sonnenliebende rote Sorten die wärmeren Südexpositionen bevorzugen. Die adriatische Brise, insbesondere die kühlende Bora, sorgt für konstante Belüftung und reduziert das Risiko von Pilzkrankheiten erheblich. Diese natürliche Klimaregulation bildet das Fundament für den seit 2015 vollständig implementierten biologischen Anbau (Certificato Biologico), bei dem chemische Eingriffe überflüssig werden.
Weinbauphilosophie und Handwerkskunst bei Villa Sceriman
Das Prinzip des minimalen Eingriffs durchzieht bei Villa Sceriman jeden Arbeitsschritt wie ein roter Faden. Diese Philosophie des „minimo intervento" zielt darauf ab, den Charakter des Terroirs und die Reinheit jeder Rebsorte ohne überflüssige önologische Manipulationen zum Ausdruck zu bringen. Was simpel klingt, erfordert in der Praxis höchste Präzision und tiefes Verständnis für die natürlichen Prozesse.
Die Handweinlese erfolgt in mehreren selektiven Durchgängen (vendemmia scalare), wobei ausschließlich Trauben mit optimaler physiologischer Reife geerntet werden. Dieser arbeitsintensive Ansatz bildet das Fundament für jene außergewöhnliche Qualität, die Villa Sceriman auszeichnet. Jede Traube wird nach Reifegrad und Gesundheitszustand selektiert. Das kostet Zeit, schafft aber die Basis für Weine von bemerkenswerter Reinheit.
Im Weinkeller kommt die traditionelle Appassimento Methode zur Anwendung, bei der ausgewählte Trauben auf Holzgestellen (graticci) für 60 bis 120 Tage kontrolliert getrocknet werden. Diese jahrhundertealte Technik konzentriert nicht nur Aromen und erhöht den natürlichen Zuckergehalt, sondern entwickelt jene tiefere Struktur und vielschichtige Komplexität, die den Amarone della Valpolicella so unverwechselbar macht. Die Geduld zahlt sich aus.
Bei der malolaktischen Gärung (biologischer Säureabbau) verfolgt das Gut eine differenzierte Strategie: Rotweine durchlaufen sie vollständig, um die Säure abzurunden und geschmeidigere Texturen zu erreichen. Bei Weißweinen wird sie nur situativ eingesetzt, je nachdem, ob spritzige Frische bewahrt oder eine cremigere, wachsartige Textur angestrebt wird. Die ältesten Rebstöcke des Gutes sind über 80 Jahre alte Corvina-Reben aus der Vorkriegszeit. Sie liefern zwar geringe Erträge, schenken aber extrem konzentrierte Trauben für die Premium-Riserva-Cuvées.
Traditionelle Anbaumethoden im Einklang mit moderner Technologie
Die Rebzeilen folgen dem klassischen Guyot-System, jener bewährten Erziehungsmethode, die Ertrag und Belüftung in Balance hält. Zwischen den Reihen navigieren GPS-gestützte Traktoren mit schmaler Spur, die den Boden schonen und zugleich die Grundlagen für präzise Weinbergsarbeit schaffen. Tradition und Technik greifen hier ineinander wie Zahnräder eines gut geölten Uhrwerks.
Hoch über den Reben schweben Drohnen mit Multispektralkameras, die mittels NDVI-Analyse (Normalized Difference Vegetation Index zur Messung der Pflanzenvitalität) jeden Rebstock im Blick behalten. Diese intelligente Technik ermöglicht gezielte Eingriffe nur dort, wo sie nötig sind, ganz im Sinne des "minimo intervento". Weniger ist mehr, auch in der Luft.
Im Boden messen Sensoren kontinuierlich die Feuchtigkeit und senden ihre Daten direkt ins Weingut. Die Tröpfchenbewässerung springt nur an, wenn wirklich Bedarf herrscht, was kostbare Wasserressourcen schont. Besonders in trockenen Jahren erweist sich diese durchdachte Herangehensweise als entscheidend für konstante Qualität.
Im Keller überwacht Software die Gärung in temperaturgesteuerten Edelstahltanks und meldet bereits kleinste Abweichungen. Nach dieser sauberen, kontrollierten Vinifikation wandern die Weine zur Charakterbildung in traditionelle Holzfässer, wo Moderne und überlieferte Handwerkskunst zu ihrer endgültigen Harmonie finden.