Tenuta S. Antonio – Venetos Juwel der Weinkunst
Östlich von Verona, wo die Hügel des Gardasees in die klassischen Anbaugebiete übergehen, arbeiten die vier Brüder Castagnedi seit den 1990er Jahren an einem klaren Ziel. Ihre Tenuta S. Antonio vereint auf 135 Hektar jahrhundertealtes Weinbau-Wissen mit präziser Kellertechnik. Das Ergebnis sind Weine, die sowohl Tradition als auch Innovation widerspiegeln.
Die Weinberge erstrecken sich über Valpolicella und Soave, jene Zonen, in denen das Mikroklima (das kleinräumige Klima einzelner Parzellen) durch Brisen vom nahen Gardasee geprägt wird. Hier entstehen die hochwertigen Amarone della Valpolicella und Valpolicella Superiore, für die das Weingut international Anerkennung findet. In dieser Region, dem Herzen des Veneto, zeigt sich die Tenuta S. Antonio als Paradebeispiel für exquisites Handwerk und familiäre Hingabe zur Weinkunst.
Geschichte und Entstehung des Familienweinguts
Manchmal sind es die stillen Übergänge, die eine Geschichte prägen. So auch bei der Tenuta S. Antonio, wo Weinbautradition nicht durch große Gesten, sondern durch beständige Hingabe weitergegeben wurde. Bereits der Vater der Castagnedi-Brüder verstand den Veneto als Partner, nicht als Kulisse, bewirtschaftete kleine Parzellen mit jener Sorgfalt, die später zum Fundament eines ganzen Weinguts werden sollte. Seine Arbeit war die Basis für das, was 1995 entstehen konnte, als Armando, Paolo, Tiziano und Massimo den Sprung zur eigenen Kellerei wagten.
Der Name "Sant'Antonio" stammt von einem erworbenen Landstück, nicht vom Heiligen Antonius, wie oft vermutet wird. Diese nüchterne Herkunft passt zur Philosophie der Brüder, die von Beginn an auf limitierte Mengen und hohe Qualitätsstandards setzten. Ihre Strategie war einfach und wirkungsvoll: Präzision vor Volumen, Charakter vor Kompromiss. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich das Familienweingut von einem Newcomer zu einer festen Größe in der Veneto-Weinszene. Was als regionaler Handwerksbetrieb begann, steht heute als Synonym für jene Art von Exzellenz, die aus familiärer Verwurzelung und konsequenter Qualitätsorientierung erwächst.
Das besondere Terroir der Tenuta S. Antonio
Zwischen den Ufern des Gardasees und den vulkanischen Ausläufern der Monti Lessini erstrecken sich zwei markant unterschiedliche Terroir-Welten. Die Soave-Böden präsentieren sich kalkhaltig und vulkanisch geprägt, ihre mineralische Struktur verleiht den Weißweinen jene kristalline Spannung und lebendige Frische, die typisch für diese Zone ist. Ganz anders die eisenreichen Böden der Valpolicella, wo rötliche Sedimente den Rotweinen Rückgrat und strukturelle Tiefe schenken.
Die Höhenlage zwischen 120 und 310 Metern über dem Meeresspiegel wirkt wie ein natürlicher Temperaturregler. Während der Tag die Reben wärmt, bringen die Nächte jene kühlende Erfrischung, die komplexe Aromenentwicklung fördert und die Säure-Balance stabilisiert. Diese Amplituden (Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht) sind der Schlüssel für die Eleganz der Tenuta S. Antonio-Weine.
Der nahegelegene Gardasee fungiert als klimatischer Moderator und sorgt für konstante Luftzirkulation. Seine thermische Masse mildert extreme Wetterlagen ab und schützt die Rebstöcke vor Pilzdruck, was eine gleichmäßigere Reifephase ermöglicht. Es gibt den Mythos, Valpolicella sei durch warme Temperaturen geprägt. Heute weiß man dank präziser Mikroklima-Messungen: Die kühlen Nächte sind es, die den Weinen ihre Balance zwischen Fruchtfülle und Frische verleihen.
Die Weinberge im Soave- und Valpolicella-Gebiet
Zwei Welten, ein Weingut. Tenuta S. Antonio bewirtschaftet Rebflächen in völlig verschiedenen Terroirs, was ihrer Weinpalette jene Vielseitigkeit verleiht, die nur wenige Häuser der Veneto-Region beherrschen. Im Soave-Gebiet dominiert die Garganega (eine autochthone Weißweinrebe mit hohem Säurepotenzial) auf vulkanischen Böden, deren mineralische Prägung den Weinen jene charakteristische Spannung zwischen Zitrusnoten und erdiger Tiefe schenkt. Diese geologische Grundlage, gepaart mit dem kühleren Mikroklima der Hügellagen, formt Weißweine von bemerkenswerter Eleganz und Lagerfähigkeit.
In den Valpolicella-Zonen San Briccio und Monte Ceriani hingegen gedeihen die klassischen Rotweinsorten Corvina, Corvinone, Rondinella und Croatina auf kalkhaltigen Böden mit besserer Wärmespeicherung. Hier zeigt sich das handwerkliche Können der Brüder Castagnedi in seiner ganzen Präzision. Über 40 einzelne Parzellen wurden definiert und separat bewirtschaftet, um die spezifische Terroirtypizität jeder Mikrozone zu bewahren. Diese akribische Parzellenarbeit ermöglicht es, Amarone-Grundweine zu erzeugen, die nicht nur Kraft und Struktur besitzen, sondern auch jene feinen Nuancen widerspiegeln, die verschiedene Hangneigungen und Expositionen hervorbringen.
Eine Rebstockdichte von 5.000 bis 7.000 Stöcken pro Hektar mag auf den ersten Blick extrem erscheinen, folgt aber einer klaren Philosophie: Natürliche Ertragsreduzierung durch Konkurrenz der Rebstöcke untereinander. Diese bewusste Entscheidung der Castagnedi-Brüder führt zu einer höheren Aromkonzentration in den Beeren und verstärkt die charakteristische Komplexität, die Tenuta S. Antonio von industrielleren Betrieben der Region unterscheidet.
Philosophie und Handwerkskunst bei Tenuta S. Antonio
Geduld ist hier kein Luxus, sondern Programm. Was die vier Castagnedi-Brüder in ihren Weinbergen praktizieren, folgt einer klaren Überzeugung: Qualität entsteht durch Verzicht, nicht durch Fülle. Ihre Philosophie gründet auf dem Respekt vor dem venetischen Terroir und dem traditionellen Rebsortenerbe, wobei sie einen behutsamen Mittelweg zwischen bewährten Methoden und technologischem Fortschritt beschreiten.
Im Weinberg bedeutet das radikale Ertragsreduzierung auf maximal ein Kilogramm Trauben pro Rebstock. Jede Traube wird von Hand geerntet, in kleinen Körben transportiert und streng selektiert. Diese schonende Bewirtschaftung bildet das Fundament ihrer qualitätsorientierten Produktion und erzählt bereits von einer Haltung, die Masse gegen Klasse tauscht.
Das Herzstück ihrer Arbeit liegt in der Appassimento-Technik für die Amarone-Produktion. Ausgewählte Trauben werden in speziellen, gut belüfteten Trocknungsräumen (Fruttaio) für drei bis vier Monate auf Bambusmatten oder in kleinen Holzkisten getrocknet. Dieser Prozess bewirkt eine natürliche Konzentration der Aromen und reduziert den Wassergehalt um bis zu 40 Prozent. Hier zeigt sich die Geduld als handwerkliche Tugend: Was Zeit braucht, wird Zeit bekommen.
In der Kellerwirtschaft setzt das Weingut auf temperaturkontrollierte Gärung in Stahltanks, während die Malo (biologischer Säureabbau) sorgfältig gesteuert wird. Die anschließende Reifung erfolgt in französischen Barriques oder größeren Holzfässern, wobei sowohl die Wahl des Holzes als auch die Dauer der Reifung individuell an Weintyp und Jahrgang angepasst werden. Hier verbinden sich Tradition und Innovation zu einem System, das dem Wein seine Zeit lässt.
Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein
Die Natur als stiller Partner, nicht als Gegner zu begreifen, prägt die Arbeit bei Tenuta S. Antonio seit jeher. Zwar trägt das Weingut keine vollständige Biozertifizierung, doch der Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel und die Hinwendung zu organischen Materialien zeigen einen Weg auf, der Bodengesundheit und Biodiversität in den Mittelpunkt stellt. Wo andere auf kurzfristige Erträge setzen, denkt man hier in Generationen.
Eine imposante Solarenergie-Anlage auf dem Dach des Weinkellers deckt bereits einen erheblichen Teil des Energiebedarfs ab und macht die Philosophie sichtbar. Doch die wahre Innovation liegt oft im Detail: Ausgeklügelte Wassermanagementsysteme reduzieren den Verbrauch dieser kostbaren Ressource dramatisch, während Blühstreifen zwischen den Rebzeilen Nützlingen Lebensraum bieten und so den integrierten Pflanzenschutz stärken. Diese Methoden beweisen, dass ressourcenschonender Umgang mit der Natur nicht nur möglich ist, sondern die Weinqualität erst ermöglicht. Der respektvolle Einsatz von Schwefel und anderen Hilfsstoffen folgt dieser Logik: Weniger ist mehr, wenn das Terroir sprechen soll und der schonende Weinbau die Aromen der Trauben unverfälscht zur Geltung bringt.
Die charakteristischen Weine der Tenuta S. Antonio
Corvina, Rondinella, Molinara auf der einen Seite, Garganega auf der anderen. Das Sortiment der Tenuta S. Antonio zeigt die ganze Bandbreite der Veneto-Region, ohne sich in Beliebigkeit zu verlieren. Die klassischen Appellationen Valpolicella und Soave stehen im Zentrum, ergänzt durch moderne IGT-Weine (Indicazione Geografica Tipica), die mehr Spielraum in der Vinifikation erlauben. Hier trifft Tradition auf kontrollierte Innovation.
Der Amarone della Valpolicella gilt als Aushängeschild des Hauses. Seine Struktur entsteht durch das Appassimento-Verfahren (Trocknung der Trauben auf Strohmatten), wodurch Zucker und Extrakte konzentriert werden. Das Ergebnis zeigt dichte Tannine, reife Frucht und jene charakteristische Tiefe, die Amarone von anderen Rotweinen unterscheidet. Der Valpolicella Superiore folgt derselben Handschrift, bleibt aber zugänglicher und zeigt mehr von der ursprünglichen Rebsortencharakteristik.
Es gibt den Mythos, Amarone sei erst seit den 1950er Jahren bekannt. Heute weiß man durch historische Belege: Das Verfahren der Traubentrocknug wurde bereits im 16. Jahrhundert praktiziert. Die IGT-Weine ergänzen das Portfolio durch experimentelle Ansätze, ohne die regionale Identität zu verwässern. Ihre sensorischen Profile reichen von kirschiger Frische bis hin zu tabakigen, würzigen Noten. Jeder Schluck dokumentiert die Präzision der Castagnedi-Brüder, die Handwerk als System verstehen, nicht als Zufall.