Weingut Brunelli - Tradition und Terroir im Herzen Valpolicellas
Dort, wo die sanften Hügel von San Pietro in Cariano wie ein natürliches Amphitheater die Rebstöcke umfangen, schreibt das Familienweingut Brunelli seit über fünf Jahrzehnten seine Geschichte zwischen Tradition und Innovation. In der dritten Generation führt die Familie heute 25 Hektar Weinberge in den privilegierten Lagen Venetiens zwischen 150 und 450 Metern Höhe, wo die perfekte Exposition optimale Amplituden (Tag-Nacht-Temperaturschwankungen) für die phenolische Reife gewährleistet.
Das mediterran-kontinentale Klima Valpolicellas, maßgeblich temperiert durch die Nähe zum Gardasee, schafft ideale Bedingungen für die autochthonen Rebsorten Corvina, Corvinone, Rondinella und Molinara. Warme Sommer und milde Winter ermöglichen einen gleichmäßigen, lang gezogenen Reifeprozess, der den Weinen ihre charakteristische Eleganz verleiht.
Es gibt einen Mythos, Brunelli sei ein Neueinsteiger im Premium-Segment. Heute weiß man: Das Weingut zählt zu den Qualitätspionieren Valpolicellas, die bereits in den frühen 1980er Jahren mit strikter Ertragsreduzierung und selektiver Lese den Grundstein für die heutige Reputation legten. Vielleicht ist genau dies der Reiz: mehr Kontinuität als Kompromisse, im allerbesten Sinn.
Die geografische Lage des Weinguts in der Region Venetien
Kalk und Vulkangestein, soweit das Auge reicht. Das Weingut Brunelli hat sich in den klassischen Zonen von Valpolicella eine Position gesichert, die Geologen ins Schwärmen bringt und Winzern schlaflose Nächte beschert. Die Böden hier entstanden vor Millionen von Jahren durch prähistorische Meeresablagerungen, reich an Kalkstein und vulkanischen Einschlüssen. Diese Mischung sorgt für eine natürliche Drainage (kontrollierte Wasserabführung) und prägt die charakteristische Mineralität der Brunelli-Weine unmittelbar.
Die Rebparzellen folgen einer konsequenten Nord-Süd-Ausrichtung, wodurch die Reben von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang optimales Licht erhalten. Steigungen von bis zu dreißig Prozent mögen mühsam zu bearbeiten sein, aber sie schützen vor gefährlichen Frühjahrsfrösten in den Tälern. Im Norden bilden die Lessinischen Berge eine natürliche Barriere gegen kalte Fallwinde, während mediterrane Luftmassen vom nahen Gardasee für Temperaturausgleich sorgen. Dieses Mikroklima (lokales Kleinstklima) begünstigt die phenolische Reife (Ausprägung von Farb- und Gerbstoffen) erheblich und verleiht den Trauben ihre komplexe Aromenstruktur. Eine Lage, die fordert und belohnt.
Das Terroir von Brunelli - Die Grundlage für außergewöhnliche Weine
Zwei geologische Welten treffen hier aufeinander und schaffen jene Dualität, die das Weingut Brunelli so unverwechselbar prägt. Im östlichen Bereich der Zona di Mezzane herrscht kalkhaltiger Mergel vor, fein und fast pudrig in seiner Struktur, während im westlichen Teil der Zona di Fumane vulkanischer Basalt die mineralische Grundlage bildet. Diese Gegensätze verleihen den Weinen eine faszinierende, beinahe salzige Mineralität und jene Komplexität, die Brunelli-Weine so charakteristisch macht.
Die Erziehungssysteme spiegeln diese Terroir-Philosophie wider. In den traditionellen Pergola-Anlagen (Laubendächer aus natürlich gewachsenen Trieben) der älteren Weinberge nutzen die Winzer den Eigenschatten als biologischen Sonnenschutz, während die modernen Guyot-Systeme (Drahtrahmen-Erziehung mit präziser Triebführung) in jüngeren Parzellen durch gezielte Belüftung und Lichteinwirkung die Traubenqualität optimieren. Diese bewusste Kombination ermöglicht es, jede Lage entsprechend ihrer spezifischen Gegebenheiten zu bewirtschaften.
Der geologische Aufbau erzählt eine Millionen Jahre alte Geschichte. Das prähistorische Tethysmeer lagerte hier Kalksteinsedimente ab, die heute für natürliche Wasserregulierung sorgen und jene feine, elegante Säurestruktur prägen, die Brunelli-Weine auszeichnet. Besonders das Val d'Illasi zeigt sich als Juwel unter den Lagen. Dieses kühlere Seitental des klassischen Valpolicella-Gebiets beherbergt einige der wertvollsten Parzellen, wo das gemäßigte Mikroklima säurebetonte, außergewöhnlich langlebige Amarone-Weine hervorbringt.
Klimatische Bedingungen und ihr Einfluss auf den Weinanbau
Der Gardasee wirkt wie ein natürlicher Klimaregler. Mit 13,5 Grad im Jahresdurchschnitt schaffen seine Wassermassen jenes Temperaturgleichgewicht, das Valpolicella auszeichnet: warme Sommer bis 30 Grad, milde Winter, die selten unter null fallen. Diese Balance ermöglicht eine Vegetationsperiode bis in den späten Oktober hinein. Zeit, die Corvina, Rondinella und Molinara brauchen, um jene Reife zu entwickeln, aus der später komplexe Amarone-Weine entstehen.
Regen fällt hier mit System. 850 bis 950 Millimeter jährlich, konzentriert auf Frühjahr und Herbst. Die Reben bekommen Wasser, wenn sie wachsen, und Trockenheit, wenn sie reifen. Dazu kommt die natürliche Drainage der Hanglagen, die Staunässe verhindert und die Wurzeln zwingt, tief zu graben. Das Ergebnis: Mineralität und Struktur, die man schmeckt.
Besonders wertvoll sind die Ora-Winde, jene thermischen Luftbewegungen, die nachmittags vom Gardasee heraufziehen. Sie schaffen einen natürlichen Luftkorridor durch die Weinberge, trocknen feuchte Blätter und reduzieren den Pilzdruck drastisch. Botrytis, die gefürchtete Graufäule, hat hier schlechte Karten. Die Trauben können gesund ausreifen, ohne dass chemische Eingriffe nötig werden.
Mythos-Korrektur: Nicht der hohe Alkoholgehalt macht großen Amarone aus, sondern das Gleichgewicht zwischen konzentrierter Süße, lebendiger Säure und reifen Tanninen. Brunelli erreicht diese Balance durch präzise Lesetermine und kontrolliertes Appassimento, dem traditionellen Trocknungsverfahren der Trauben.
Die Weinbauphilosophie der Familie Brunelli
Alberto Brunelli verkörpert jenen Winzertyp, der Tradition nicht als starres Dogma begreift, sondern als lebendige Grundlage für präzise Entscheidungen. Sein Ansatz ist ein Drahtseilakt zwischen bewährten Methoden und modernen Kellertechniken, immer mit dem Ziel, den autochthonen Rebsorten (einheimische Sorten wie Corvina und Rondinella) ihren authentischen Ausdruck zu bewahren. Dabei folgt seine nachhaltige Weinproduktion einem klaren Prinzip: minimale Intervention, maximale Sorgfalt.
Die Ertragsreduzierung auf nur 7.000 Kilogramm pro Hektar liegt weit unter den DOCG-Vorschriften und zeugt von Brunellis Überzeugung, dass Qualität bei der Rebe beginnt. Mehrfache, selektive Handlese sorgt dafür, dass nur perfekte Trauben in die Keller gelangen. Das traditionelle Appassimento (kontrollierte Trocknung der Trauben) bildet das Herzstück dieser Philosophie. Drei bis vier Monate ruhen die Beeren auf Holzgestellen in den fruttai, jenen speziellen Trocknungsräumen, wo kontrollierte Luftfeuchtigkeit und Temperatur die Grundlage für die legendäre Konzentration des Amarone schaffen. Weniger ist mehr lautet die Devise. Lieber 80.000 Flaschen in Spitzenqualität als Kompromisse bei der Konzentration und Langlebigkeit.
Nachhaltige Anbaumethoden und Respekt vor der Natur
Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Seit über einem Jahrzehnt arbeitet Brunelli weitgehend ohne synthetische Pflanzenschutzmittel und Herbizide, stattdessen setzt das Weingut auf natürliche Präparate aus Kupfer und Schwefel in minimalen Dosierungen. Parallel dazu werden nützliche Insekten durch gezielte Begrünung gefördert, Blühstreifen zwischen den Rebzeilen angelegt. Was zunächst nach kleinen Eingriffen aussieht, erweist sich als präzises System.
Der Weinberg wird als lebendiges Gefüge betrachtet, in dem über 15 verschiedene Gräser und Kräuter zwischen den Reben gedeihen dürfen. Diese Vielfalt fördert nicht nur die Bodengesundheit und verhindert Erosion an den steilen Hängen, sondern steigert nachweislich die Biodiversität um 30 Prozent im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Nachbarparzellen. Ein Unterschied, der sich messen lässt.
Seit 2015 führt die konsequente Umstellung auf regenerative Landwirtschaft zu messbaren Erfolgen. Die Kompostierung aller organischen Abfälle zur natürlichen Düngung hat den CO2-Fußabdruck pro Flasche um 25 Prozent reduziert und gleichzeitig die Widerstandskraft der Reben verbessert. Besonders die Gründüngung spielt dabei eine zentrale Rolle: Sovescio (regionale Bezeichnung für das Untergraben speziell ausgewählter Pflanzenmischungen aus Leguminosen und Kruziferen) reichert den Boden mit natürlichem Stickstoff an. Eine alte Praxis, die heute neu verstanden wird.
Das vielfältige Sortiment des Weinguts Brunelli
Von der Basis zur Spitze bildet Brunellis Portfolio die gesamte Valpolicella-Pyramide ab. Da steht der lebendige Classico DOC neben dem strukturierteren Superiore, der gehaltvolle Ripasso trifft auf den monumentalen Amarone della Valpolicella DOCG, und ganz oben thront der seltene, süße Recioto della Valpolicella DOCG. Diese Bandbreite ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer Familie, die jede Facette ihres Terroirs auslotet.
Der Amarone della Valpolicella DOCG verkörpert das Herzstück des Hauses. Seine Reifung erfolgt mindestens 30 Monate in großen slawonischen Eichenfässern von 20 bis 30 Hektolitern, bewusst gewählt, um das Terroir nicht zu überlagern. Was dabei entsteht, beeindruckt durch vielschichtige Komplexität aus getrockneten Kirschen, Pflaumen und orientalischen Gewürzen, durchzogen von dunklen Schokoladennoten. Bei 15 bis 16 Prozent Alkohol entwickelt er eine bemerkenswerte Lagerfähigkeit von 15 bis 20 Jahren.
Den Gipfel der Brunelli'schen Weinkunst markiert der "Campo del Titari" Amarone Riserva. Dieser Monumentalwein entsteht ausschließlich in außergewöhnlichen Jahrgängen aus einer einzigen, über 70 Jahre alten Toplage. Fünf Jahre Holzreifung, weitere zwei Jahre Flaschenreife und die resultierende Konzentration aus samtigen Tanninen und schwebender Eleganz demonstrieren eindrucksvoll, was in der Valpolicella möglich ist, wenn Geduld auf Perfektion trifft.
Der "Pa'Riondo" Valpolicella Ripasso Classico Superiore durchläuft das traditionelle Ripasso-Verfahren, bei dem der junge Valpolicella-Wein ein zweites Mal auf dem noch warmen Amarone-Trester gärt. Es gibt den Mythos, dies sei eine moderne Erfindung. Heute weiß man dank historischer Quellen, dass dieses Verfahren bereits im 19. Jahrhundert praktiziert wurde. Das Resultat verleiht dem Wein deutlich mehr Körper, aromatische Komplexität und samtige Tannine sowie faszinierende Noten von reifen Kirschen und Lakritz.