Weingut Heiligenblut: Geschichte, Terroir und Weine aus Rheinhessen
Das Weingut Heiligenblut in Alzey-Weinheim ist eng mit der langen Weinbaugeschichte Rheinhessens verbunden. Es vereint frühe historische Spuren, regionale Legenden und die kontinuierliche Arbeit der Familie Hannemann, die den Betrieb seit fast einem Jahrhundert führt.
Historische Entwicklung seit 746
Archäologische Hinweise belegen, dass bereits im Jahr 746 n. Chr. Reben am heutigen Standort des Weinguts nachgewiesen wurden. Damit zählt das Gebiet um den Heiliger Blutberg zu den ältesten dokumentierten Weinlagen in Rheinhessen.
Die Villa Heiligenblut wurde 1826 erbaut. Sie bildet bis heute das architektonische Zentrum des Anwesens. Umgeben ist sie von der knapp 3 Hektar großen Monopollage Heiliger Blutberg, die den Charakter der Weine prägt.
Seit 1924 befindet sich das Anwesen im Besitz der Familie Hannemann. In dieser Zeit entwickelte sich der Betrieb von einem regionalen Gut zu einem modernen Familienweingut. Heute verbindet er historische Wurzeln mit zeitgemäßer Weinbereitung.
Mythos und Legenden des Blutbergs
Der Heiliger Blutberg ist nicht nur ein Weinberg, sondern auch ein Ort voller Sagen. Einer Legende nach soll hier im Jahr 454 n. Chr. ein Blutvergießen unter Christen durch Hunnenkönig Attila stattgefunden haben. Aus diesem Ereignis soll sich der Name des Berges ableiten.
Solche Erzählungen prägen die kulturelle Bedeutung des Ortes bis heute. Sie machen den Weinberg zu einem Symbol für Tradition und Erinnerung.
Neben der Legende spielt auch die Geologie eine Rolle. Der Berg besteht aus vulkanischem Melaphyr, einem dunklen Gestein, das den Böden eine besondere Mineralität verleiht. Dieser natürliche Einfluss trägt direkt zur Struktur und Tiefe der Weine bei.
Familie Hannemann und ihre Rolle
Die Familie Hannemann übernahm das Weingut 1922 und führt es inzwischen in der dritten Generation. Heute stehen die Brüder Christian und Martin Hannemann an der Spitze des Betriebs.
Die Familie lebt seit über einem Jahrhundert in Alzey-Weinheim und ist eng mit der Region Rheinhessen verbunden. Ihr Ansatz verbindet Respekt vor der Tradition mit einem klaren Blick für moderne Methoden im Weinbau.
Seit dem Jahrgang 2018 prägen die Brüder die Handschrift der Weine. Dabei legen sie besonderen Wert auf die Eigenständigkeit der Lage Heiliger Blutberg und die nachhaltige Bewirtschaftung der Weinberge.
Der Heilige Blutberg und das Terroir
Der Heilige Blutberg prägt das Weingut Heiligenblut in besonderer Weise. Seine geologische Struktur, die historische Kultivierung und die Anpassung der Reben an das vulkanische Gestein bestimmen den Charakter der Weine aus dieser Lage.
Monopollage und geologische Besonderheiten
Der Blutberg zählt zu den kleinsten Einzellagen in Rheinhessen. Mit weniger als drei Hektar Fläche ist er vollständig im Besitz des Weinguts und gilt damit als Monopollage.
Die Lage ist von einer Steinmauer umgeben, was sie in ihrer geschlossenen Form einem Clos nach burgundischem Vorbild ähnlich macht. Dieses Detail unterstreicht die Abgrenzung und den besonderen Wert der Rebfläche.
Das Gelände ist geprägt von kargem Boden, der nur wenig Wasser speichert. Diese Bedingungen zwingen die Reben, ihre Wurzeln tief in den Untergrund zu treiben. Dadurch entwickeln die Weine eine klare Struktur und eine ausgeprägte Mineralität.
Die Kombination aus kleinem Umfang, historischer Abgeschlossenheit und geologischer Eigenart macht den Blutberg zu einer seltenen Besonderheit im Weinbaugebiet Rheinhessen.
Bruchsteinmauern und Terrassenbau
Im 19. Jahrhundert ließ der Richter Joseph A. Emele den Blutberg umfassend rekultivieren. Er investierte große Summen, um Bruchsteinmauern und Terrassen anzulegen.
Diese Mauern stabilisierten die steilen Hänge und schützten die Böden vor Erosion. Gleichzeitig schufen sie ein günstiges Mikroklima, da die Steine Wärme speichern und nachts langsam an die Reben abgeben.
Die Terrassen ermöglichten eine bessere Nutzung der kleinen Fläche. Sie erleichterten den Anbau und gaben dem Weinberg seine charakteristische Struktur, die bis heute sichtbar ist.
Der historische Ausbau legte den Grundstein für die heutige Bewirtschaftung. Ohne diese Maßnahmen wäre ein kontinuierlicher Weinbau auf dem Blutberg kaum möglich gewesen.
Einfluss des Melaphyr-Gesteins auf die Reben
Das Terroir des Blutbergs ist stark durchzogen von Melaphyr, einem dunklen vulkanischen Gestein. Dieses Material ist hart, mineralreich und speichert nur wenig Feuchtigkeit.
Die Reben müssen tief wurzeln, um Wasser zu erreichen. Dadurch nehmen sie Mineralstoffe aus tieferen Erdschichten auf. Die Trauben entwickeln so eine prägnante Würze und eine klare, kühle Frucht.
Besonders Riesling zeigt auf diesem Boden seine Stärken. Die Weine erhalten eine lebendige Säure, feine Kräuternoten und ein ausgeprägtes Lagerpotenzial.
Die kargen Bedingungen des Melaphyrs prägen also nicht nur das Wachstum der Reben, sondern auch die sensorische Tiefe, die für den Blutberg typisch ist.
Rebsorten und Weinstilistik
Das Weingut Heiligenblut baut eine breite Auswahl klassisch rheinhessischer Rebsorten an. Riesling, Silvaner und Scheurebe bilden den Kern, ergänzt durch Burgundersorten und ausgewählte Rotweine wie Spätburgunder oder Dornfelder. Jede Sorte wird gezielt an den Standort angepasst, um den Charakter von Boden und Klima klar herauszustellen.
Riesling: Charakteristik und Ausbau
Riesling nimmt im Sortiment eine zentrale Rolle ein. Die Reben gedeihen auf kühleren Lagen rund um Weinheim und Heimsheim, wo sie von kalk- und lösshaltigen Böden profitieren. Diese Bedingungen fördern eine klare Säurestruktur und eine präzise Aromatik.
Die Weine zeigen frische Zitrusnoten, grünen Apfel und je nach Ausbau auch reifere Steinobst-Aromen. Typisch ist ein mineralischer Nachhall, der den Herkunftscharakter unterstreicht.
Beim Ausbau setzt das Weingut sowohl auf Edelstahltanks als auch auf traditionelle Holzfässer. Edelstahl bringt Frische und Klarheit, während Holzfässer mehr Tiefe und Struktur verleihen. So entstehen Rieslinge, die sowohl jung getrunken als auch mit Reifepotenzial überzeugen.
Silvaner und weitere weiße Rebsorten
Silvaner ist seit Jahrhunderten fest mit Rheinhessen verbunden und wird auch in Heiligenblut gepflegt. Die Reben liefern Weine mit feiner Würze, milder Säure und guter Vielseitigkeit im Speisenbegleiter. Besonders in Kombination mit regionaler Küche zeigt Silvaner seine Stärken.
Neben Silvaner finden sich weitere weiße Sorten wie Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay und die regionale Scheurebe. Letztere stammt ursprünglich aus einer Kreuzung in Alzey und bringt aromatische Weine mit Noten von schwarzer Johannisbeere und Grapefruit hervor.
Diese Vielfalt erlaubt es dem Weingut, verschiedene Geschmacksvorlieben abzudecken. Während Burgundersorten für runde, cremige Weine stehen, sorgt die Scheurebe für fruchtbetonte Varianten.
Rotweine aus dem Weingut Heiligenblut
Auch im Bereich Rotwein ist das Sortiment breit aufgestellt. Spätburgunder bildet die wichtigste Sorte, ergänzt durch Schwarzriesling, Dornfelder und Regent. Die Reben wachsen auf wärmeren Standorten, die eine gute Ausreifung der Trauben ermöglichen.
Spätburgunder zeigt elegante Aromen von roten Beeren, feine Tannine und eine ausgewogene Struktur. Je nach Ausbau im Holzfass entstehen sowohl leichte, fruchtige Varianten als auch komplexere Weine mit Reifepotenzial.
Dornfelder und Regent bringen kräftigere Weine mit dunkler Frucht und tiefer Farbe hervor. Damit bietet das Weingut sowohl klassische, elegante Rotweine als auch vollmundigere Alternativen.
Weinbau und Handarbeit im Weingut
Das Weingut Heiligenblut verbindet sorgfältige Handarbeit mit moderner Kellertechnik. Dabei spielen sowohl der schonende Umgang mit den Reben als auch die Verbindung von Tradition und Innovation eine zentrale Rolle.
Nachhaltige Bewirtschaftung und Handarbeit
Die Familie Hannemann legt großen Wert auf Handarbeit im Weinberg. Viele Arbeitsschritte wie Rebschnitt, Laubarbeit und Lese erfolgen manuell. Dadurch können die Winzer gezielt auf den Zustand der einzelnen Reben eingehen und die Traubenqualität sichern.
Ein Schwerpunkt liegt auf alten Rebstöcken, die teilweise bis zu 70 Jahre alt sind. Diese liefern kleinere, aber sehr aromatische Beeren. Die Pflege solcher Reben erfordert viel Erfahrung und Geduld.
Auch die Handlese spielt eine wichtige Rolle. Sie erlaubt eine genaue Auswahl der Trauben und verhindert, dass unreife oder beschädigte Beeren in den Keller gelangen. So wird die Grundlage für klare und sortentypische Weine geschaffen.
Die Bewirtschaftung erfolgt ressourcenschonend. Der Einsatz von Maschinen wird auf das Nötigste reduziert, um Böden und Pflanzen zu schonen. Diese Arbeitsweise verbindet Qualität mit Verantwortung gegenüber Natur und Landschaft.
Tradition und moderne Techniken
Das Weingut kombiniert traditionelle Methoden mit moderner Technik. Alte Holzfässer werden weiterhin genutzt, um Weinen Struktur und Tiefe zu verleihen. Gleichzeitig sorgt moderne Kellertechnik für präzise Kontrolle bei Gärung und Ausbau.
Die wichtigsten Rebsorten sind Riesling, Silvaner und Scheurebe. Jede Sorte verlangt eine unterschiedliche Behandlung im Keller. Durch den Einsatz von Edelstahl und Holz können die Brüder Hannemann gezielt den Charakter der Reben herausarbeiten.
Die Verbindung von Tradition und Technik zeigt sich auch bei der Lese. Während die Handlese den Kern bildet, kommen punktuell Maschinen zum Einsatz, wenn es sinnvoll und schonend ist.
So entsteht ein Gleichgewicht: historische Gewölbekeller und handwerkliche Erfahrung treffen auf moderne Verfahren, die eine gleichbleibend hohe Qualität sichern.