Auxerrois ist ein eigenständiges Burgundergewächs mit feiner Eleganz und Tiefe. Selten, terroir-sensibel und vielseitig vinifiziert entstehen in Elsass, Luxemburg und Deutschland ausdrucksstarke Weine mit Frische, Balance und kulinarischer Vielseitigkeit.
Auxerrois ist ein eigenständiges Burgundergewächs mit feiner Eleganz und Tiefe. Selten, terroir-sensibel und vielseitig vinifiziert entstehen in Elsass, Luxemburg und Deutschland ausdrucksstarke Weine mit Frische, Balance und kulinarischer Vielseitigkeit.
Im französischen Auxerre wurde sie erstmals im 14. Jahrhundert dokumentiert, doch heute führt diese weiße Rebsorte ein Schattendasein, das ihrer Qualität nicht gerecht wird. Auxerrois gehört zur weitverzweigten Burgunderfamilie und gilt als genetischer Zwilling von Pinot Blanc, obwohl moderne Analysen längst bewiesen haben, dass beide eigenständige Persönlichkeiten sind. Die Verwechslung passiert leicht, denn optisch ähneln sich die Trauben zum Verwechseln.
Mit weltweit nur 3.000 Hektar Anbaufläche bleibt Auxerrois ein Geheimtipp für Kenner. Das Elsass konzentriert mit etwa 1.600 Hektar über die Hälfte aller Bestände und beweist damit, wie perfekt sich diese Rebsorte an die dortigen Bedingungen angepasst hat. Luxemburg und Deutschland kultivieren weitere 160 beziehungsweise 300 Hektar, wo sie als stille Reserve für anspruchsvolle Weißweine geschätzt wird. Hier zeigt sich ihre wahre Stärke in einem Terroir, das ihre natürliche Eleganz fördert.
Auxerrois erweist sich als echtes Chamäleon unter den weißen Rebsorten. Die mittelgroßen, kompakten Trauben entwickeln früh Mostgewichte zwischen 80 und 95° Oechsle, während die natürlichen Säurewerte bei moderaten 6 bis 8 g/l liegen. Diese Balance zwischen Fruchtkonzentration und erfrischender Säurestruktur gelingt ihr sowohl in kühleren als auch in wärmeren Lagen, eine Flexibilität, die sie von ihren burgundischen Verwandten deutlich unterscheidet und für hochwertige Weinproduktion prädestiniert.
Die Rebblätter der Auxerrois zeigen eine markante fünflappige Form in mittlerer Größe, wobei die Unterseiten eine deutliche Behaarung aufweisen. Diese natürliche Eigenschaft verleiht der Rebe eine gewisse Robustheit gegenüber Witterungseinflüssen. Allerdings bringt der frühe Austrieb eine Herausforderung mit sich: In kühleren Klimazonen besteht durchaus Spätfrostgefahr. Das ist durchaus relevant.
Bei der Traubenstruktur präsentiert sich Auxerrois mit kleinen bis mittelgroßen, zylindrischen Trauben. Die Beeren entwickeln eine goldgelbe Färbung und bleiben dünnschalig, was bei optimaler Reife eine ausgewogene Balance zwischen Fruchtcharakter und Frische ermöglicht. Die Rebe zeigt mäßige bis kräftige Wuchskraft, weshalb eine kontrollierte Ertragsregulierung unerlässlich wird. Übermäßige Traubenproduktion würde die typischen Sorteneigenschaften verwässern. Die Ampelographie, also die wissenschaftliche Rebsortenkunde, bildet hier das Fundament für eine gezielte Kultivierung dieser eigenständigen Rebsorte.
Das Fundament liegt im Boden, und bei Auxerrois zeigt sich dies besonders eindrucksvoll. Im Elsass, wo diese Rebsorte ihre stärkste Ausprägung findet, sind es die kreidigen Kalkstein- und Mergelböden der Vorbergzone, die dem Wein seine unverwechselbare Prägung verleihen. Die warme Sommerluft eines kontinentalen Klimas (trockene Hitze bei kühlen Nächten) schafft in Gemeinden wie Bergheim, Ribeauvillé und Turckheim jene Bedingungen, unter denen Auxerrois seine charakteristische Balance zwischen Fruchtfülle und lebendiger Frische entwickelt. Der Löss, der hier zwischen den Fingern rinnt, speichert Feuchtigkeit und gibt sie dosiert ab.
Luxemburg hat Auxerrois längst zu einer Königsdisziplin erhoben. An der Mosel, wo kalkhaltige Böden wie ein mineralisches Rückgrat wirken, entstehen Weine von beeindruckender Klarheit und Spannung. Diese Böden verleihen den Weinen nicht nur ihre lebendige Säure, sondern auch jene mineralische Tiefe, die Aromendichte und Präzision gleichermaßen fördert. Die Fruchtnoten werden geschärft, nicht übertüncht.
Deutschland behandelt Auxerrois noch als Geheimtipp, vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Hier schätzen Winzer die Rebsorte als Alternative zur klassischen Burgunderfamilie, wobei die vorherrschenden Kalksteinböden subtile aromatische Facetten fördern, die dem kontinentalen Klima eine bemerkenswerte Lagerfähigkeit abringen. Jede Region prägt ihren eigenen Auxerrois-Charakter. Das macht ihn so faszinierend.
Auxerrois zeigt eine bemerkenswerte Klimatoleranz, die sie innerhalb der Burgunderfamilie auszeichnet. Warme, windgeschützte Hanglagen sind ideal, doch die Rebsorte bewährt sich auch an kühleren Standorten mit erstaunlicher Konstanz. Eine Vegetationsperiode zwischen 160 und 170 Tagen bei Durchschnittstemperaturen von 15 bis 17°C formt jene charakteristische Balance zwischen Fruchtigkeit und lebendiger Frische, die Auxerrois so geschätzt macht.
Tiefgründige Böden mit guter Drainage schaffen die Grundlage für komplexe Aromabilanz. pH-Werte zwischen 6,5 und 7,5 regulieren die Nährstoffaufnahme präzise und ermöglichen der Rebe, vielschichtige Fruchtaromen zu entwickeln. Das ist wenig überraschend. Während nährstoffreiche Böden zu übermäßigem Wachstum verleiten, entlocken magere Kalksteinböden der Auxerrois Weine von eleganter Struktur und fokussierter Mineralität.
Die Sonneneinstrahlung spielt eine entscheidende Rolle bei der Photosynthese und damit der Zuckerbildung in den Trauben. Diese präzisen Bedingungen ermöglichen Weine, die sowohl Frische als auch aromatische Tiefe in sich vereinen und dem Charakter der Auxerrois gerecht werden.
Die Philosophie der Schonung beginnt bereits im Presshaus, wo Auxerrois-Trauben unter einem kontrollierten Druckbereich von 0,5 bis 0,8 Bar ihre erste Verwandlung erfahren. Diese Ganztraubenpressung bewahrt das delikate Aromapotenzial, das später über Qualität oder Mittelmäßigkeit entscheidet. Die nachfolgende Mostklärung erfolgt entweder durch klassische Sedimentation oder moderne Flotationsverfahren, eine Entscheidung, die bereits die Weichen für die spätere Reinheit der Primäraromen stellt.
Temperatur wird zum entscheidenden Dirigenten der Aromaentfaltung. Zwischen 16 und 18°C vergären die besten Auxerrois-Weine, ein schmaler Korridor, der die vielschichtigen Fruchtnoten konserviert und zugleich jene knackige Frische akzentuiert, die diese Rebsorte auszeichnet. Der traditionelle Edelstahlausbau unter reduzierenden Bedingungen sichert diese Primäraromen und verleiht dem fertigen Wein seine charakteristische Lebendigkeit. Doch moderne Winzer wagen vermehrt den Schritt ins Holzfass, meist in Gebinden zwischen 225 und 500 Litern, die dem Auxerrois-Wein zusätzliche Tiefe und texturelle Komplexität schenken.
Der biologische Säureabbau (Malolaktik) bleibt ein Drahtseilakt zwischen Cremigkeit und Frische. Vollständig durchgeführt, wandelt er die spitze Apfelsäure in mildere Milchsäure um und erzeugt geschmeidige, zugänglichere Weine. Verhindert man ihn jedoch bewusst, bleibt jene knackige Säurestruktur erhalten, die Liebhaber mineralischer, straffer Weißweine zu schätzen wissen. Eine Entscheidung, die den finalen Charakter maßgeblich prägt.
Experimentierfreudige Winzer entdecken zunehmend die Maischegärung für sich, bei der die Trauben kontrolliert auf ihrer Schale verweilen und dabei zusätzliche Aromastoffe sowie feine Tannine abgeben. Was daraus entsteht, geht weit über die klassische Auxerrois hinaus und eröffnet dem Weißwein neue Dimensionen in Textur und Komplexität. Der Sur lie Ausbau bringt eine weitere Facette ins Spiel: Monatelang ruht der Wein auf seiner eigenen Hefe und entwickelt dabei eine cremige Samtigkeit, die das Mundgefühl deutlich prägt. Besonders faszinierend wird es bei Orange Wine-Varianten der Auxerrois, wo eine verlängerte Maischestandzeit für jene bernsteingelbe Farbe sorgt, die dem Stil seinen Namen gab. Diese phenolische Struktur bringt Aromen hervor, die an den warmen Ausklang von Schwarztee erinnern, durchwoben von Noten getrockneter Früchte. Ein Spiel mit Traditionen, das zeigt, wie wandlungsfähig diese Rebsorte sein kann.
Aromenkompositionen verraten oft mehr über eine Rebsorte als ihre Herkunft, und Auxerrois entwickelt hier eine durchaus eigenständige Duftsignatur. In der Nase zeigt sich eine elegante Mischung aus Apfel, Birne und Quitte, die durch florale Akzente der Akazienblüte und einen verführerischen Hauch von Honigmelone ergänzt wird. Warme Jahrgänge entfalten zusätzlich exotische Nuancen von Ananas und Mango, die der Sorte eine unerwartete tropische Dimension verleihen.
Am Gaumen entwickelt Auxerrois eine mittlere bis kräftige Körperstruktur, die sich durch samtige Textur und moderate Säure auszeichnet. Das ist eindeutig. Der charakteristische Hauch von Bittermandel im Finish unterscheidet ihn klar von Pinot Blanc und verleiht ihm zusätzliche Tiefgründigkeit, die man so nicht erwarten würde.
Mit einem Alkoholgehalt zwischen 12,5 und 13,5 vol.% entwickeln die Weine eine angenehme Mineralität und erreichen eine Länge im Abgang von sechs bis acht Sekunden, was den Genuss nachhaltig verstärkt und dem Auxerrois seine unverwechselbare Persönlichkeit verleiht.
Die Bodenvielfalt prägt Auxerrois-Weine auf bemerkenswerte Weise. Auf den Kalkböden des Elsass entwickelt die Rebsorte eine kristalline Mineralität mit lebendigen Zitrusaromen, die dem Wein seine charakteristische Eleganz verleiht. Diese kalkgeprägte Terroir-Expression steht im deutlichen Kontrast zu Weinen von Lössböden, wo Auxerrois einen volleren Körper ausbildet und opulentere, tropische Fruchtaromen zeigt. Am Kaiserstuhl fügen die vulkanischen Böden eine rauchige Dimension hinzu, die der Rebsorte zusätzliche aromatische Komplexität schenkt.
Der Holzfass-Ausbau eröffnet weitere stilistische Möglichkeiten, sofern er behutsam dosiert bleibt. Bei maximal 20 Prozent neuem Holz entwickeln sich feine Vanille-, Brioche- und Nussnoten, ohne die sortentypische Finesse zu überlagern. Diese zurückhaltende Holzbehandlung bewahrt die Terroir-Charakteristika und schafft gleichzeitig jene harmonische Textur, die gut ausgebaute Auxerrois-Weine auszeichnet. Das Zusammenspiel von Boden und Vinifikation entscheidet letztendlich über die Ausdruckskraft des Weins.
Die elsässische Küche findet in Auxerrois einen natürlichen Partner, der ihre charakteristischen Aromen nicht übertönt, sondern ergänzt. Ein klassischer Flammkuchen mit seiner dünnen Textur und dem cremigen Belag profitiert von der moderaten Säure des Weins, während die samtigen Noten des Munster-Käse (ein kräftiger Weichkäse aus den Vogesen) durch die weiche Struktur des Auxerrois abgemildert werden. Diese Kombinationen funktionieren, weil der Wein genügend Substanz mitbringt, ohne dominant zu werden.
Bei Fischgerichten zeigt Auxerrois seine Wandlungsfähigkeit zwischen fruchtigen und mineralischen Komponenten. Gebratener Zander aus dem Rhein harmoniert mit den erdigen Untertönen, während Jakobsmuscheln (kurz angebraten, damit sie ihre Süße behalten) von der Balance zwischen Frucht und Mineralität profitieren. Der oft auftretende Bittermandel-Finish des Auxerrois bietet dabei einen willkommenen Kontrapunkt zu der natürlichen Süße dieser Meeresfrüchte und verlängert den Nachklang am Gaumen.
Die optimale Serviertemperatur liegt bei 8-10°C und sollte präzise eingehalten werden, da zu warme Temperaturen die Alkoholnote betonen und zu kalte die Aromenentfaltung hemmen. Eine Belüftung von 30-45 Minuten vor dem Servieren erlaubt es den oft verschlossenen Auxerrois-Weinen, ihre Komplexität zu zeigen. Große Burgunder-Gläser mit ihrer weiten Öffnung sind hier unverzichtbar, weil sie dem Wein ausreichend Oberfläche bieten und das oft subtile Bouquet konzentrieren. Das macht den Unterschied.
Das harmonische Zusammenspiel zwischen Auxerrois und cremigen Weichkäsen wie Camembert oder Brie offenbart sich als perfekte Symbiose, bei der die moderate Säure des Weins die Fettigkeit der Käse elegant ausbalanciert und gleichzeitig deren nussige Untertöne hervorhebt. Besonders bemerkenswert zeigt sich diese Liaison beim regionalen Munster, wo sich jene charakteristische Munster-Harmonie entfaltet, die Elsässer Winzer seit Generationen zu kultivieren wissen. Die cremige Textur des Auxerrois fungiert dabei als Brücke zwischen der salzigen Intensität des Käses und seiner erdigen Komplexität.
Bei eleganten Dessert-Pairings mit Obstkuchen oder Apfelstrudel kommt die natürliche Süße des Auxerrois zum Tragen, ohne die Süße der Nachspeisen zu überlagern, sondern sie vielmehr zu ergänzen und zu verfeinern. Crème brûlée profitiert in besonderem Maße von jener subtilen Balance zwischen Frucht und Restzucker, der bei Auxerrois meist nur zwischen zwei und vier Gramm pro Liter liegt. Diese dezente Süße macht ihn zum idealen Katalysator, der den Geschmack der Speisen verstärkt, ohne jemals zu dominieren.
Geschmacksprofile offenbaren oft mehr als genetische Verwandtschaft. Während Pinot Blanc mit ihrer fast neutralen, straffen Säurestruktur und primären Apfelaromen eine eher zurückhaltende Eleganz verkörpert, zeigt sich Auxerrois deutlich körperreicher und konzentrierter. Die charakteristische Bittermandel-Note im Abgang, begleitet von ausgeprägten Steinobstnuancen, schafft ein unverwechselbares Profil, das sie grundlegend von ihrer burgundischen Verwandten unterscheidet. Hier liegt ein Paradox: Trotz ähnlicher Herkunft entwickeln sich völlig eigenständige sensorische Welten.
Der Chardonnay Unterschied zeigt sich besonders beim Holzfass-Ausbau. Während Chardonnay meist buttrige und nussige Aromen durch oxidative Reifung entfaltet, bewahrt sich Auxerrois selbst im Barrique ihre filigrane, florale Prägung. Diese Eigenschaft macht sie zu einer faszinierenden Alternative für Winzer, die strukturierten Weißwein ohne dominante Holznoten suchen. Im Vergleich zum Riesling offenbart sich ein weiterer wesentlicher Unterschied: Die Riesling Säure bewegt sich typischerweise zwischen acht und zwölf Gramm pro Liter, Auxerrois hingegen zeigt mit fünf bis sieben Gramm eine deutlich mildere Säurestruktur. Während Riesling mit der Zeit seine charakteristischen petroligen Reifearomen entwickelt, bleiben die fruchtigen Charakteristika von Auxerrois über Jahre stabil und zeigen eine ganz andere Entwicklungsrichtung. Das macht sie zur unterschätzten Entdeckung unter den weißen Burgundersorten.
Die Kunst der Assemblage offenbart Auxerrois als stillen Diplomaten im Glas. In elsässischen Cuvées wie Pinot d'Alsace oder dem klassischen Edelzwicker fungiert er als geschmacklicher Vermittler, der dem oft straff strukturierten Pinot Blanc jene Fülle und aromatische Tiefe verleiht, die eine Cuvée erst zum Leben erweckt. Während Pinot Blanc die Struktur liefert, bringt Auxerrois den Schmelz. Seine moderate Säure und floralen Nuancen machen ihn auch zum bevorzugten Partner für Riesling oder Sylvaner, deren markante Säure er behutsam puffert und die Komposition harmonisiert.
In der Crémant-Produktion des Elsass und Luxemburgs zeigt sich eine weitere Facette dieser vielseitigen Rebsorte. Hier steuert Auxerrois Cremigkeit und Finesse bei, während seine fruchtbetonte Eleganz den Schaumweinen eine besondere Geschmeidigkeit verleiht. Das Zusammenspiel aus seiner natürlichen Eleganz und dem ausgewogenen Alkoholgehalt erzeugt jene feine Spannung, die einen guten Crémant auszeichnet.