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Weingut

Tinazzi

Tinazzi vereint das Beste aus zwei Welten – venetische Eleganz und apulische Kraft. Mit minimalem, präzisem Eingriff entstehen Weine, die den Charakter ihrer Herkunft authentisch widerspiegeln. Nachhaltigkeit ist dabei gelebte Philosophie: von Photovoltaik und Wasserkreisläufen bis hin zu sozialer Verantwortung und zertifiziert umweltschonendem Weinbau.

Weingut Tinazzi – Tradition und Handwerkskunst aus Italien

Am östlichen Gardasee-Ufer, wo sich sanfte Hügel zur Poebene hin öffnen, gründete Eugenio Tinazzi 1968 in Cavaion Veronese sein Weingut. Was als bescheidener Familienbetrieb begann, entwickelte sich über fünf Jahrzehnte zu einem italienischen Weingut mit strategisch verteilten Rebflächen. Heute bewirtschaftet die Familie über 100 Hektar in zwei klimatisch gegensätzlichen Regionen: dem kühlen Veneto im Norden und dem sonnenverwöhnten Apulien im Süden.

Gian Andrea Tinazzi übernahm ab den 1980er Jahren das Familienweingut und trieb eine durchdachte Expansion voran. Die Akquisition des Feudo Croce Guts in Apulien war dabei kein Zufall, sondern strategische Terroir-Erschließung. Während viele Produzenten regional verwurzelt blieben, erkannte die Familie das Potenzial dieser geografischen Spannweite früh. Nord und Süd ergänzen sich: venetische Finesse trifft auf apulische Intensität. Das Ergebnis ist eine Stilistik, die traditionelle Weinbaukunst mit moderner Kellertechnik verbindet, ohne dabei die charakteristischen Eigenschaften der jeweiligen Lagen zu nivellieren.

Die Anfänge und Familientradition von Tinazzi

Ende der 1960er Jahre wagte Eugenio Tinazzi einen Schritt, den viele für gewagt hielten. Am östlichen Ufer des Gardasees pflanzte er seine ersten Rebzeilen in eine Landschaft, die damals noch weitgehend unerschlossen war. Das Mikroklima erwies sich als Glücksfall: Mediterrane Brisen vom See treffen auf alpine Einflüsse der nahen Berge, während der Gardasee selbst als natürlicher Temperaturpuffer fungiert und extreme Schwankungen abmildert.

Von Anfang an setzte die Familie auf bewährte Handwerkskunst. Die Weine reiften in großen Holzfässern, sogenannten Fudern, die eine behutsame Mikrooxidation (kontrollierten Sauerstoffaustausch durch die Holzporen) ermöglichen. Diese traditionelle Technik verleiht den Weinen jene Struktur und vielschichtige Komplexität, ohne sie mit Holzaromen zu überlagern. Ein System, das Geduld fordert, aber Persönlichkeit schenkt.

Es gibt einen hartnäckigen Mythos, venetische Weine seien ausschließlich für den frühen Genuss bestimmt. Heute weiß man jedoch dank präziser Kellerarbeit und strukturierter Selektion: Gerade Tinazzis Amarone-Cuvées entwickeln über zehn bis fünfzehn Jahre hinweg faszinierende tertiäre Aromen und gewinnen an Tiefe. Die Amarone-Reifung beweist eindrucksvoll, dass venetische Spitzenweine durchaus lagerfähige Charaktere hervorbringen können.

Terroir und Weinbaugebiete von Tinazzi

Zwischen Alpennähe und Adriaküste erstreckt sich das Reich von Tinazzi über eine geografische Spannweite, die Italien in seiner ganzen Vielfalt abbildet. Im nördlichen Veneto treffen kühle Luftströmungen auf kalkhaltige Böden, die einst von Gletschern geformt wurden, während im fernen Apulien die charakteristische Terra Rossa leuchtet. Diese eisenhaltige, rötliche Erde speichert Wärme und prägt Weine von ganz anderem Charakter.

Die venetischen Rebhänge im klassischen Valpolicella-Gebiet steigen sanft von 150 auf 400 Meter Höhe an. Hier findet die Corvina-Traube ideale Bedingungen vor: Die kalkhaltigen Untergründe verleihen ihr jene kirschfruchtige Eleganz und feine Säurestruktur, die Valpolicella so unverwechselbar macht. Die Höhenlagen sorgen für kühlere Nächte und längere Reifezeiten.

Ganz anders das apulische Terroir nahe Manduria, der historischen Heimat des Primitivo. Über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr treffen auf tiefgründige, eisenreiche Böden, die den Reben Kraft und Konzentration schenken. Diese geologischen Gegebenheiten formen Weine mit samtiger Tanninstruktur und jener würzigen Fülle, für die Süditalien berühmt ist. Die Vielfalt der Böden ermöglicht Tinazzi nuancierte Interpretationen unterschiedlicher Terroir-Charakteristika.

Die venetischen Wurzeln – Tinazzi im Veneto

Sechzig Hektar Rebfläche verteilen sich rings um den Veneto zwischen den Lagen nahe des Gardasees und der klassischen Valpolicella-Region. Manche Rebstöcke haben hier bereits vier, fünf Jahrzehnte auf dem Buckel und bringen entsprechend tiefgründige, komplexe Weine hervor. Tinazzi hält bewusst an der traditionellen Pergola Veronese fest, jener alten Erziehungsform, die oft kritisiert wird. Das Weingut schätzt jedoch den natürlichen Sonnenschutz für die Trauben in heißen Sommern, der die frische Fruchtaromatik bewahrt und eine langsame, gleichmäßige Reifung fördert. Besonders das Mikroklima der höheren Lagen im östlichen Valpolicella zeigt seine Stärken. Bis zu vierhundert Meter Höhe, größere Tag-Nacht-Temperaturschwankungen, die Bildung komplexer Aromen und die Erhaltung natürlicher Säure prägen das Profil der prestigeträchtigen Amarone-Weine von Tinazzi.

Expansion nach Süditalien – Tinazzi in Apulien

Manchmal braucht es Weitblick, um zu erkennen, was andere übersehen. Als die Familie Tinazzi 2001 das Weingut Feudo Croce in Manduria erwarb, sahen viele noch ein unterschätztes Anhängsel des italienischen Weinbaus. Heute zeigt sich die apulische Strategie als Meisterzug: fünfzig Hektar Rebfläche, auf denen autochthone Sorten wie Primitivo, Negroamaro und Malvasia Nera unter über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr gedeihen, während die Brise beider Meere für nächtliche Kühlung sorgt.

Hier arbeitet Tinazzi anders als im Veneto. Die traditionelle Alberello-Erziehung und das Guyot-System halten die Reben bodennah, während bewusst niedrige Erträge von 60 bis 70 Hektoliter pro Hektar die natürliche Konzentration fördern. Das Ergebnis sind kraftvolle Weine, die ihre südliche Herkunft nie verleugnen, aber niemals in plumpe Süße oder marmeladige Schwere abdriften.

Philosophie und Weinbereitung bei Tinazzi

Kontrollierte Intervention nennt das Haus seine Grundphilosophie, und dieser Begriff fasst zusammen, worum es hier geht: so wenig wie möglich eingreifen, so gezielt wie nötig handeln. Jeder Schritt im Weinberg und Keller folgt dem Ziel, sortentypische Eigenarten und das Terroir zu bewahren, nicht zu überlagern. Nachhaltigkeit zeigt sich in biologischer Schädlingsbekämpfung und begrünten Rebzeilen, die Erosion verhindern und Raum für Biodiversität schaffen.

Im Keller herrscht die gleiche Zurückhaltung: schonende Verarbeitung, spontane Gärung mit natürlichen Hefen (keine Zusatzhefen) und behutsame Extraktion stehen im Mittelpunkt. Das Herzstück aber ist die Appassimento-Technik für Amarone und Ripasso, jene kontrollierte Trocknung der Trauben in speziellen Fruttaio (Trocknungsräumen). Drei bis vier Monate liegen die Trauben auf Holzrahmen, verlieren bis zu 40 Prozent ihres Wassergehalts und durchlaufen eine dramatische Konzentration von Aromen und Struktur. Hier entsteht Dichte ohne Schwere.

Faszinierend ist der Kontrast in der Holzreifung: Während venetische Weine oft 24 bis 36 Monate in großen Holzfässern verbringen, werden die apulischen Rotweine im Barrique-Ausbau (225-Liter-Fässer) mit zurückhaltender Toastung vinifiziert. Das Ziel hier ist klar: die fruchtbetonte Expressivität bewahren, nicht überdecken.

Nachhaltige Anbaumethoden und Respekt für die Tradition

Die staatliche SQNPI-Zertifizierung ist mehr als ein Gütesiegel. Seit 2020 trägt Tinazzi diese Auszeichnung für das Sistema di Qualità Nazionale Produzione Integrata (nationales Qualitätssystem für integrierten Pflanzenbau), das drastisch reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln garantiert. Was bereits 15 Jahre zuvor begann, durchzieht heute systematisch alle Betriebsbereiche. Die Photovoltaikanlagen auf den Kellerdächern decken mittlerweile den Großteil des Energiebedarfs ab, während modernste Systeme zur Wasserreinigung eine vollständige Wiederverwendung ermöglichen.

Dieses Wassermanagement funktioniert als gelebte Kreislaufwirtschaft. Besonders bemerkenswert zeigt sich die Umstellung auf leichtere Glasflaschen, die den CO2-Fußabdruck beim Transport um fast 20 Prozent senkt. Doch Nachhaltigkeit bedeutet bei Tinazzi weit mehr als technische Innovation. Das Weingut investiert bewusst in faire Arbeitsbedingungen und die Bewahrung der Kulturlandschaft, zeigt soziale Verantwortung durch Programme zur Förderung lokaler Gemeinschaften. Tradition wird nicht als starres Museum verstanden, sondern als lebendige Grundlage für kommende Generationen.