Château de Fontenille: Leuchtturm im Entre-Deux-Mers
Zwischen Garonne und Dordogne, wo sich das Entre-Deux-Mers wie ein grünes Delta ausbreitet, liegt Château de Fontenille auf sanften Kalksteinrücken. Die Morgensonne fällt durch die Fenster des Renaissance-Baus aus dem 13. Jahrhundert und zeichnet scharfe Schatten auf den Hof. Hier riecht es nach Stein und Zeit, nach altem Holz und frischen Trauben. Was von außen wie ein beschauliches Landgut wirkt, ist in Wahrheit ein präzises System aus Tradition und Moderne.
Stéphane Defraine erkannte das Potenzial, als er das Anwesen in den 1990er Jahren übernahm. Seine Vision war klar: Qualität statt Masse, Handwerk statt Routine. Die 40 Hektar Rebfläche wurden neu strukturiert, die Kellertechnik modernisiert, die Philosophie grundlegend verändert. Heute entstehen hier jährlich rund 200.000 Flaschen, die zeigen, was Entre-Deux-Mers wirklich kann: elegante AOC Entre-Deux-Mers (geschützte Herkunftsbezeichnung für Weißweine der Region) und charaktervolle Bordeaux Supérieur Rotweine, die durch präzise Assemblage (Verschnitt verschiedener Rebsorten) entstehen.
Es gibt den Mythos, Entre-Deux-Mers produziere nur einfache Weißweine. Heute zeigen Häuser wie Château de Fontenille: Diese Region kann Terroir-Expression auf höchstem Niveau. Die Position des Weinguts unter den renommierten Bordeaux Weingütern spiegelt genau diese Qualität wider. Defraine hat bewiesen, dass zwischen den großen Flüssen nicht nur Potential schlummert, sondern bereits Realität geworden ist.
Die Geschichte des Château im Herzen des Entre-Deux-Mers
Steinerne Zeitzeugen erzählen ihre Geschichten anders als Pergament oder Akten. Das Château de Fontenille, dessen Grundmauern seit 1238 den wechselhaften Epochen des Aquitaine trotzen, begann als befestigter Herrensitz zwischen den Flüssen. Der Name selbst trägt die Landschaft in sich: „Fontenille" verweist auf jene natürlichen Quellen, die das Anwesen durchziehen und seit jeher seine Wasserversorgung sichern. Hier, wo Geschichte in Stein gemeißelt steht.
Nach Jahrhunderten des Wandels und einer Phase der Vernachlässigung übernahm Stéphane Defraine 1989 das Erbe und leitete eine bemerkenswerte Renaissance ein. Seine Vision umfasste weit mehr als Kosmetik: umfassende Renovierung der historischen Bauten, Neustrukturierung der Weinberge, Bau eines zeitgemäßen Kellers. Das historische Weingut entwickelte sich zum modernen Qualitätsweinbau, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen. Substanz statt Spektakel.
Es gibt einen Mythos um die Namensgebung „Entre-Deux-Mers", der von Meeresgezeiten erzählt. Heute weiß man dank geografischer Klarstellung: Der Begriff beschreibt schlicht die Lage zwischen Garonne und Dordogne, jenen beiden Flüssen, die der Region ihre einzigartige Prägung geben. Ein Detail, das die französische Weinregion und ihre eleganten Weißweine in den richtigen Kontext rückt.
Terroir & Klima: Die Grundlage für Fontenilles Charakterweine
Die Böden von Château de Fontenille erzählen eine Geschichte in zwei Akten. Oben, auf den Kuppen, liegt kalkhaltiger Ton wie eine natürliche Speicherkammer für Mineralität und Frische. Diese Schichten geben den Weißweinen ihre charakteristische Spannung, jene kühle Präzision, die Entre-Deux-Mers auszeichnet. Weiter unten wechselt das Spiel: Kiesböden sorgen für perfekte Drainage und speichern Wärme bis tief in die Nacht. Hier finden Merlot und Cabernet Sauvignon ideale Bedingungen für ihre langsame, konzentrierte Reifung.
Entscheidend prägt das Mikroklima der Region die Stilistik der Weine. Garonne und Dordogne wirken als natürliche Klimaregulatoren, die extreme Temperaturschwankungen abfedern und für thermische Ausgeglichenheit sorgen. Diese maritimen Einflüsse schaffen jene Balance aus Fruchtreife und lebendiger Frische, die typisch für die Appellation ist. Das Ergebnis: Weine mit Struktur statt Schwere, Eleganz statt Kraft.
Zwischen 30 und 120 Metern Höhenlage entstehen zusätzlich unterschiedliche Mikroklimata innerhalb einzelner Parzellen. Jede Lage entwickelt so ihre eigene Persönlichkeit. Diese natürliche Vielfalt nutzt das Château gezielt, um die verschiedenen Facetten seines Terroirs auszudrücken. Das Portfolio spiegelt diese Diversität wider: von mineralisch-straffen Weißweinen bis hin zu strukturierten, lagerfähigen Rotweinen.
Das einzigartige Mikroklima der Entre-Deux-Mers Region
Zwei Flüsse schreiben hier das Drehbuch für den Wein: Garonne und Dordogne umschließen die Entre-Deux-Mers wie eine natürliche Klimaschleuse. Das gemäßigte maritime Klima, geprägt durch den stetigen Atlantikeinfluss, sorgt für jene Balance aus Wärme und Frische, die Sauvignon Blanc und Sémillon zum optimalen Reifen verhilft. Dreizehn Grad im Jahresmittel, selten mehr als dreißig im Hochsommer - Bedingungen, die Hektik fremd sind.
Bei Château de Fontenille profitieren die Rebzeilen von einem perfekt orchestrierten Weinbergsklima: Sanfte Hügelketten fungieren als Windschutz gegen kalte Nordwinde, während die südexponierten Hänge maximale Sonneneinstrahlung einfangen. Die Niederschlagsverteilung von rund achthundert Millimetern jährlich erfolgt gleichmäßig über alle Monate, mit dezenten Peaks in Frühjahr und Herbst. Wasserstress bleibt so den Reben erspart.
Besonders faszinierend wirkt die Flussnähe als natürlicher Klimaregler: Die konstante Luftzirkulation erzeugt einen lokalen Föhneffekt (warme, trockene Fallwinde), der die Trauben nach Regenschauern rasch abtrocknet. Diese permanente Belüftung minimiert Pilzdruck durch Peronospora (falscher Mehltau) und Oidium (echter Mehltau) erheblich. Ein Geschenk der Natur für nachhaltigen Weinbau, das sich in jedem Glas widerspiegelt.
Weinbau-Philosophie & Handwerkskunst von Château de Fontenille
Stéphane Defraine führt sein Weingut nach einem Prinzip, das in der Gascogne längst nicht selbstverständlich ist: nur eingreifen, wenn es wirklich nötig wird. Diese lutte raisonnée (kontrollierter, umweltschonender Anbau) bedeutet für ihn nicht Passivität, sondern präzise Beobachtung seiner Rebstöcke, die im Durchschnitt bereits 25 Jahre auf dem Buckel haben. Wo andere chemisch nachjustieren, setzt Defraine auf biologische Methoden, die den Reben Zeit geben, ihre eigene Balance zu finden.
Die Handlese ist bei Château de Fontenille mehr als Tradition, sie ist Notwendigkeit für die Qualität, die Defraine anstrebt. Jede Parzelle wird separat betrachtet, jede zum perfekten phänologischen Reifezeitpunkt geerntet, wobei bereits im Weinberg streng selektiert wird. Dieser Prozess erstreckt sich von Anfang September, wenn die ersten Weißweintrauben ihre Reife zeigen, bis in den Oktober hinein, wo die späteren Cabernet Sauvignon-Trauben ihre volle Ausdruckskraft erreichen.
Im Keller setzt Defraine auf Methoden, die Eleganz über Kraft stellen. Seine pneumatischen Pressen extrahieren den Saft der weißen Trauben mit minimalem Druck, wodurch Bitterstoffe und unerwünschte Tannine draußen bleiben. Die temperaturkontrollierte Gärung in Edelstahltanks ermöglicht ihm eine millimetergenaue Steuerung der Aromenentwicklung. Bei der malolaktischen Gärung (dem biologischen Säureabbau) trennt sich seine Philosophie je nach Weintyp: Rotweine durchlaufen sie vollständig für mehr Geschmeidigkeit, Weißweine meist nicht, um ihre charakteristische Frische und Lebendigkeit zu bewahren.
Die Rebsorten und ihre Bedeutung für Fontenille
Jede Rebsorte erzählt ihre eigene Geschichte, und bei Château de Fontenille fügen sich diese Geschichten zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Für die Weißwein-Cuvée (die Zusammenstellung verschiedener Rebsorten) setzt das Gut auf die klassische Bordeaux-Komposition: Sauvignon Blanc bildet mit 60 Prozent das Rückgrat und liefert jene knackige Säure, die sich in intensiven Aromen von Zitrusfrüchten, Stachelbeere und Buchsbaum ausdrückt. Sémillon (20 Prozent) steuert Körper und Textur bei, bringt Noten von Bienenwachs mit sich, während Muscadelle und Sauvignon Gris (jeweils 10 Prozent) florale und exotische Nuancen hinzufügen.
Bei den Rotweinen der Appellation Bordeaux Supérieur dominiert Merlot die Zusammenstellung mit etwa 75 Prozent. Diese Rebsorte verleiht den Weinen ihre saftige Fruchtigkeit von Pflaume und Kirsche, dazu die geschmeidige Textur und weichen Tannine, die Merlot so charakteristisch machen. Cabernet Sauvignon (etwa 20 Prozent) übernimmt die strukturgebende Rolle und sorgt für Rückgrat, Langlebigkeit und die typischen Cassis-Aromen. Ein kleiner Anteil Cabernet Franc (etwa 5 Prozent) rundet die Cuvée mit würzigen Noten von Paprika und Veilchen ab.
Diese durchdachte Rebsortenverteilung ist keine Zufälligkeit, sondern eine präzise Antwort auf das Terroir von Fontenille. Merlot gedeiht hervorragend auf den kühleren, feuchtigkeitsspeichernden Ton-Kalk-Böden, während Cabernet Sauvignon die wärmeren, gut drainierten Kiesparzellen bevorzugt. Diese parzellengenaue Bepflanzung garantiert optimale Ausreifung jeder Sorte und bildet das Fundament für die charakteristische Vielschichtigkeit der Fontenille-Weine.